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Kirgisistan/Bischkek
Business-Lunch "Fragen der lokalen Selbstverwaltung in Bayern und in der Kirgisischen Republik"

Am 15. April 2019 fand ein runder Tisch zum Oberthema „Verwaltungsreform in Zentralasien", der von der Hanns-Seidel-Stiftung in Zentralasien organisiert wurde, statt.

Raimund Helfrich, der stellvertretende Direktor des Instituts für die Ausbildung von öffentlich Bediensteten an der Bayerischen Verwaltungsschule, beim Runden Tisch

Während der Veranstaltung wurden Fragen der kommunalen Selbstverwaltung, sowie die Aufgaben und die Arbeit der Stadträte in Bayern und Kirgisistan erörtert.

Zu der Veranstaltung wurden Vertreter der Regierung der Kirgisischen Republik, des Bürgermeisteramtes von Bischkek, des Stadtrates von Karakol, der Gemeindeverwaltung von Örök, des Landkreises Sokuluk, der nationalen Akademie für öffentliche Verwaltung der Kirgisischen Republik, sowie Vertreter der Hanns-Seidel-Stiftung in Zentralasien eingeladen.

Zu Beginn der Veranstaltung hielt der stellvertretende Leiter der Vertretung der Hanns- Seidel-Stiftung in Zentralasien, Herr Kanybek Sydykbekov, eine Begrüßungsrede.

„Das Thema der Veranstaltung ist für Kirgisistan sehr relevant. Nach der Verabschiedung der neuen Verfassung hat Kirgisistan einen neuen Weg zur Entwicklung des Parlamentarismus eingeschlagen, aber die Entwicklung nicht nur des zentralen Parlaments (des Jogorku Kenesch), sondern auch der lokalen Räte. Danach wurde das System der Bildung der städtischen Räte nicht durch direkte Wahl, sondern nach dem Verhältniswahlsystem eingeführt. Eine solche Entscheidung wurde getroffen, damit sich die kirgisischen Parteien auch vor Ort entwickeln konnten. Und jetzt hören wir auch zustimmende Meinungen einiger Vertreter, die dieses System gut heißen. Andere unterstützen diese Idee jedoch nicht. In einer demokratischen Gesellschaft ist dies ein normaler Prozess. Geradezu diesem Zweck wurde diese Veranstaltung organisiert. Eines von den Zielen besteht darin, das Für und Wider des derzeitigen Systems zu diskutieren, auch inwieweit es effektiv ist “, sagte Herr Sydykbekov.

Er appellierte auch an den Direktor der Vereinigung der lokalen Selbstverwaltung (Gemeinden und Städte) der Kirgisischen Republik , Herrn Almanbetow, mit der Bitte, als Vermittler zwischen den lokalen Selbstverwaltungsorganen und der Regierung aufzutreten und nützliche Empfehlungen zu geben, damit Änderungen zum Wohle Kirgisistans und für die Entwicklung von Gemeinde- und Stadträten vorgenommen werden könnten.

Zur kommunalen Selbstverwaltung in Bayern hielt Herr Raimund Helfrich, stv. Leiter des Geschäftsbereichs Ausbildung bei der Bayerischen Verwaltungsschule, am Runden Tisch eine Rede. Es sollte erwähnt werden, dass dieser von der Hanns-Seidel-Stiftung in Zentralasien eingeladene besondere Gast neben dieser Veranstaltung auch für Trainings für die gemeinsamen Master-Programme der Akademie für öffentliche Verwaltung unter dem Präsidenten der Kirgisischen Republik und der Hanns-Seidel-Stiftung nach Bischkek gekommen war.

Beim Rundtisch vermittelte der deutsche Experte Helfrich Informationen über die Positionierung der lokalen Selbstverwaltungsorgane im Freistaat Bayern, das kommunale Recht der Gemeinden in Bayern, das kommunale Recht der bayerischen Bezirke und Landkreise, sowie der kommunalen Ebenen im Allgemeinen.

Der eingeladene Gast aus Bayern berichtete über die kommunale Struktur Bayerns und die Aufgaben der kommunalen Behörden. Nicht weniger interessant war die Information darüber, welche Verantwortlichkeiten die lokalen Selbstverwaltungsorgane in Bayern (und hier besonders die Stadt- und Gemeinderäte) haben.

Vertreter der Regierung der Kirgisischen Republik, des Bürgermeisteramts von Bischkek, des Stadtrats von Karakol, der Gemeindeverwaltung von Örök, des Landkreises Sokuluk, sowie der nationalen Akademie für öffentliche Verwaltung in der Kirgisischen Republik

Raimund Helfrich ging auch explizit auf die Aufgaben der bayerischen Landkreise und Bezirke ein. In seinem Bericht sprach er über die obligatorischen und fakultativen Aufgaben in der Leitung der lokalen Selbstverwaltung in Bayern.

Für die Vertreter der lokalen Selbstverwaltungsorgane aus Kirgisistan war es interessant, zu erfahren, wie die staatliche Aufsicht durchgeführt wird, wie die Organe der Gemeinde strukturiert sind und wer in die Organe der Gemeinde nicht eintreten kann. Themen wie die Rechte der Mitglieder des Gemeinde- und Stadtrats oder die Entscheidungskompetenz und die Aufgaben des Bürgermeisters wurden von den Teilnehmern des Runden Tisches nicht weniger interessant und informativ angesehen.

Zum Abschluss seiner Rede referierte Raimund Helfrich kurz darüber, was für eine erfolgreiche Kommunalpolitik notwendig ist, wobei er 10 Punkte herausgegriffen hat, die seiner Meinung nach und aufbauend auf seiner langjährigen Erfahrung wirklich notwendig sind.

Während der Erörterung der bayerischen Erfahrungen aus der Arbeit der Stadträte stellten die Vertreter Kirgisistans viele Fragen zu den Kompetenzen des Bürgermeisters, zur Arbeit der Stadträte und zur Wahl der Vorsitzenden der Räte und des Bürgermeisters. Die Vertreter der lokalen Selbstverwaltungsorgane Kirgistans interessierten sich auch dafür, ob es in Bayern zu absichtlichen Störungen der Sitzungen oder der Beratungen der lokalen Selbstverwaltungsorgane kommt. Herr Helfrich antwortete darauf, dass es keine derartigen Situationen gebe und alle Sitzungen verantwortlich durchgeführt würden.

Omurbek Almanbetow, Direktor der Vereinigung der lokalen Selbstverwaltung in der Kirgisischen Republik (Gemeinde und Städte), berichtete seinerseits über die Arbeitsordnung der Stadträte und die lokale Selbstverwaltung in der Kirgisischen Republik im Allgemeinen.

Nach seinen Worten hat er in den letzten Jahren die Erfahrungen aus der Arbeit der lokalen Selbstverwaltung in verschiedenen europäischen Länder untersuchen können.

„Jedes Land hat seine eigenen Gesetze, und auch wir haben, ausgehend von unserer Mentalität und unseren nationalen Interessen, unser eigenes kleines Modell entwickelt. Es sollte erwähnt werden, dass wir in Kirgisistan in der Gesetzgebung der Europäischen Charta für lokale Selbstverwaltung folgen. Wir halten praktisch alle Anforderungen der Charta an die lokale Selbstverwaltung ein, obwohl wir sie nicht offiziell unterzeichnet haben. Aber per Gesetz ist dies alles detailliert festgelegt. Wir haben auch das Recht auf lokale Selbstverwaltung in der Verfassung verankert, und das System der lokalen Selbstverwaltungsorgane besteht aus Vertretungs- und Exekutivorganen“, berichtete er.

Herr Almanbetow erklärte auch, warum wir jetzt in Kirgisistan auch über die direkte Wahl des Bürgermeisters diskutieren, d.h. direkt von der Bevölkerung. Nach seiner Meinung ist der Grund dafür, dass es in Kirgisistan ein Problem in der Verwaltung gibt. „Die Bürgermeister und die Geschäftsführer der Gemeinde- und Stadtverwaltungen arbeiten, als wären sie praktisch Exekutivorgane. Die Vorsitzenden der lokalen Räte bleiben dadurch abseits von den Fragen von lokaler Bedeutung, und daher gibt es immer Missverständnisse zwischen dem lokalen Rat und dem Exekutivorgan. Und nun gibt es Kontroversen darüber, ob dieses System geändert werden soll. Es gibt Befürworter davon, dass wie in Russland und in Europa der Vorsitzende des Stadtrats auch der Chef des Exekutivorgans wird. Es gibt Anhänger davon, dass das derzeitige System aufgegeben werden müsse, weil gemäß der Verfassung das Exekutivorgan dem lokalen Rat gegenüber rechenschaftspflichtig ist. Der lokale Rat ist wiederum seinerseits der Bevölkerung gegenüber rechenschaftspflichtig“, sagte der Direktor der Vereinigung der lokalen Selbstverwaltung in der Kirgisischen Republik (Gemeinden und Städte) in seiner Rede.

Herr Almanbetow berichtete auch über die Gesetze, die die lokalen Selbstverwaltungsorgane regulieren. Diese sind seiner Meinung nach vor allem das Hauptgesetz - das Gesetz über die lokale Selbstverwaltung, das Gesetz über den Status von Abgeordneten der lokalen Räte, und das Gesetz über die Wahl der lokalen Räte.

"Diese drei Gesetze regulieren die Organe der lokalen Selbstverwaltung in Kirgisistan", betonte er.

Zum Abschluss seines Berichts referierte er auch über die Tätigkeit der Vereinigung der lokalen Selbstverwaltung in der Kirgisischen Republik.

Am Ende der Veranstaltung fand eine Blitzumfrage statt, bei der die Teilnehmer ihre Meinung darüber äußerten, wie man die Abgeordneten der Räte wählen sollte - nach dem Verhältniswahlsystem oder nach dem Mehrheitswahlsystem. Die Meinung der Anwesenden war geteilt. Einige antworteten, dass es notwendig wäre, dass die Menschen selbst ihre Kandidaten wählen müssten. Andere Teilnehmer führten an, dass nach dem Prinzip "50 zu 50" gewählt werden sollte. Ohne die Menschenrechte und die kirgisische Verfassung zu verletzen, sollte es offen bleiben, wer als unabhängiger Kandidat und wer als Kandidat einer Partei bei der Wahl antreten möchte.