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Cholpon Ata
Die zweiten Weltnomadenspiele und Kirgisistan

Vom 3. bis 8. September 2016 fanden in der Stadt Cholpon Ata in dem zentralasiatischen Land Kirgisistan die zweiten Weltnomadenspiele mit etwas mehr als 1.000 Athleten aus 50 Ländern statt. 2014 bei den ersten Spielen an der gleichen Stelle waren es noch 800 Teilnehmer aus 19 Nationen gewesen. Insgesamt standen Wettbewerbe in 23 Disziplinen an: Reiterwettkämpfe, Wurfspiele, Kampfsporten wie Ringen und Bogenschießen. Außer dem Genuss von Stutenmilch wurden keine weiteren Dopingfälle bei den teilnehmenden Athleten bekannt. Auch die HSS beteiligte sich mit einer großen Gruppe von aktiven und ehemaligen Stipendiaten an dem Ereignis, sei es als Organisator, Künstler oder auch nur als begeisterter Teilnehmer.

Ansichten von den 2. Weltnomadenspielen

Ansichten von den 2. Weltnomadenspielen

Der Issykköl („heißer See“) ist der größte See in Kirgisistan und ganz Zentralasien. Nach dem südamerikanischen Titicacasee ist der im Tianshan-Gebirge liegende See mit 6.236 Quadratkilometern Fläche der zweitgrößte Gebirgssee der Erde. Er ist 182 km lang, 60 km breit und liegt 1.607 m über dem Meeresspiegel. Die UNESCO hat den See bereits zum Welterbe erklärt. In der fast unberührten Landschaft um den malerischen See herum können verschiedene Volksgruppen und auch noch Nomaden angetroffen werden – noch weitgehend im Einklang mit der Natur und stolz auf ihre alten Traditionen.

Diese Idylle war jetzt zum zweiten Mal die Kulisse für ein besonderes Sportereignis: Die Zweiten Weltspiele der Nomaden.

Es war dies die größte internationale Veranstaltung in Kirgisistan in den letzten zehn Jahren. Die Größe und die Spektakularität der 2. Nomadenspiele waren im Unterschied zu den ersten Spielen signifikant. Viele der ausländischen Gäste hatten nicht erwartet, ein derart farbenprächtiges und effektvolles Spektakel mit zahlreichen spannenden Sportarten vorzufinden.

Die in Kirgisistan durchgeführte Großveranstaltung hat der Welt gezeigt, dass sich Kirgisistan zunehmend zu einem wohl bekannten authentischen Touristenland entwickelt, sich innenpolitisch stabilisiert hat und als ein „sicheres“ Land betrachtet werden kann. Dadurch verschwinden auch die negativen Assoziationen, die mit dem Land nach den Volksrevolutionen von 2005 und 2010 lange Zeit verbunden waren. 

Ethnische Jurtenstadt Kyrtschyn

Ethnische Jurtenstadt Kyrtschyn

Wie alles begonnen hat

Zum ersten Mal war die Durchführung der Weltnomadenspiele vom jetzigen kirgisischen Präsidenten Almazbek Atambajev im Februar 2012 angeregt worden. Sein Vorschlag fand breite Unterstützung unter den Mitgliedsländern des Kooperationsrats der türkischsprachigen Länder und schon im September 2014 fanden an der Küste des Issykköl-Sees die ersten Weltspiele der Nomaden statt. Die Spiele waren darauf ausgerichtet, der ganzen Welt die Größe und den ganzen Reichtum der Nomadenzivilisation zu zeigen, der Welt die Werte, die Kultur und den Alltag von jeder Volksgruppe innerhalb der Nomaden zu demonstrieren, sowie die Möglichkeit zu geben, die Sportarten der Nomaden in ihrer ursprünglichen Form zu erleben. Diese Zielsetzung ist auch bei den zweiten Weltnomadenspielen erhalten geblieben.

Zu den zweiten Weltnomadenspielen in Kirgisistan kamen neben den Sportlern etwa 2.000 nationale Delegierte  aus dem nahen und fernen Ausland. Genauso viele Freiwillige waren an der Organisation der Veranstaltungen beteiligt.

Auch die kirgisischen aktiven Stipendiaten und Alumni der HSS  waren zu Duzenden – sei als Vertreter einer öffentlichen bzw. kommunalen Verwaltung oder auch als Vertreter einer zivilgesellschaftlichen Organisation aktiv an der erfolgreichen Durchführung dieses für Kirgisistan so wichtigen Großereignisses aktiv beteiligt.

HSS-Stipendiaten bei den 2. Weltnomadenspielen

HSS-Stipendiaten bei den 2. Weltnomadenspielen

Drei Beispiele sollen hier angeführt werden:

Herr Almaz Baigaziev, Vizebürgermeister der Stadt Cholpon-Ata (touristisches Zentrum des Landes und Austragungsort der Weltnomadenspiele), Masterstudiengang „Lokale Selbstverwaltung 2009-2010“: Seine Funktion bei den Weltnomadenspielen war die eines stellvertretenden Vorsitzenden des Veranstaltungsstabs;

Herr Timur Alymbekov, 1. stv. Landrat von Tong (Südküste des Issyk-Kul-Sees), Masterstudiengang „Lokale Selbstverwaltung 2005-2006“: Auch seine Funktion bei den Weltnomadenspielen war die eines stellvertretenden Vorsitzenden des Veranstaltungsstabs;

Frau Gulnara Toigonbaeva, Leiterin der Stiftung „Art Bulak“, Masterstudiengang „Management in NGOs 2007-2008“: Bei den Weltnomadenspielen war sie Mitgestalterin und Sängerin bei der offiziellen Eröffnungs- und Abschlusszeremonie.

Der große Unterschied der zweiten Spiele zu den ersten war die Tatsache, dass dieses Mal dreimal so viele Länder daran teilgenommen haben. Zum ersten Mal wurden Athleten aus Argentinien, dem Kongo, dem Königreich Swasiland, Benin, Botswana, Guatemala, Sambia, Simbabwe, Kolumbien, Madagaskar, Peru, Ecuador, Antigua und Barbuda registriert.  

Ehrengäste der Eröffnungsveranstaltung der Nomadenspiele waren der Präsident der Republik Tataristan Rustam Minnichanow, der Sonderbeauftragte des Präsidenten der Russischen Föderation für Kultur Michail Schwydkoi, sowie Vertreter des Kooperationsrats der türkischsprachigen Staaten.

Steven Seagal, der berühmte amerikanische Schauspieler, wurde zum Goodwill-Botschafter der kirgisischen Weltnomadenspiele ernannt.

Im Rahmen der Nomadenspiele wurde in dem malerischen Tal „Kyrtschyn“ am Nordufer des Issyk-Kul-Sees eine ethnische Jurtenstadt mit dem Namen „Kyrgyz Aiyly“ (übersetzt: kirgisisches Dorf) aufgebaut, die aus insgesamt 288 Wollfilz-Jurten (originale Behausung der kirgisischen Nomaden) bestand. Verantwortlich dafür zeigten sich die beiden Hauptstädte des Landes, Bischkek (Norden) und Osch (Süden), sowie die 7 kirgisischen Regierungsbezirke.

Im Laufe von 6 Tagen wurden in diesem Tal die Wettbewerbe zur Jagd mit Falken und Adler, im Bogenschießen, in klassischen Pferderennen oder auch im Nomaden-Zeltbau (Jurte) organisiert. Die Gäste konnten nicht nur die nomadische Lebensweise des kirgisischen Volkes kennenlernen, sondern auch Informationen über die traditionelle Nomadenkultur der weiteren teilnehmenden Länder erhalten.

Einer der Favoriten der Zuschauer war das Reiterspiel Kok-Boru, das im Hippodrom in Cholpon Ata veranstaltet wurde. Der Name bedeutet auf Kirgisisch „grauer Wolf“ und es handelt sich dabei um eine Art zentralasiatisches Polo, wobei das Ziel ist, eine geköpfte Ziege  an einem markierten Punkt des gegnerischen Feldes abzulegen.

An den Kok-Boru-Wettkämpfen haben insgesamt 8 Mannschaften teilgenommen, darunter auch die Teams aus China, Russland und den USA. Die allgemeine Sympathie galt dem letzteren Land. Leidenschaftlich kämpften die amerikanischen Sportler (kommend aus einem Nicht-Nomadenland), verloren jedoch jedes Spiel deutlich. Das Finale spielten dann erwartungsgemäß Kirgisistan und Kasachstan, wo Kok-Boru eine lange Tradition hat, einen hohen Stellenwert genießt und es sogar diesbezügliche „Bundesligen“ gibt. Als Kirgisistan anschließend dieses für zentralasiatische Verhältnisse an Spannung und Spekularität nicht mehr überbietbare Sportereignis mit 15:3 für sich entscheiden konnte, war die Freude im Lande groß – so als hätte man gerade die Fußballweltmeisterschaft gewonnen.

Offizielles Logo der Weltnomadenspiele

Offizielles Logo der Weltnomadenspiele

Effekt für Kirgisistan

Dass es heute überhaupt Weltnomadenspiele gibt, ist sicher das Verdienst des jetzigen kirgisischen Präsidenten Almazbek Atambajew, der diese Idee vor mehr als 4 Jahren zum ersten Mal ausgesprochen hat.

Die jüngsten 2. Nomadenspiele haben die Aufmerksamkeit von mehr als 500 Journalisten aus insgesamt 36 Ländern der Welt auf sich gezogen. Neben den Sportveranstaltungen berichteten diese nicht nur über die Traditionen und Lebensweise der Nomaden, sondern auch über die außergewöhnliche Schönheit der Natur in Kirgisistan.

Die Kirgisische Republik hat bereits offiziell erklärt, dass sie auch weiterhin alle zwei Jahre die Weltnomadenspiele durchführen wird. Diese sind zu einer Marke für Kirgisistan geworden. Sie sind das Symbol dafür, dass das Land in den letzten 6 Jahren Stabilität gewonnen hat und es sich als Staat politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich und sozial entwickelt.

Die sechs Tage der Weltnomadenspiele ermöglichten es Kirgisistan, die Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft auf sich zu ziehen. Sie erlaubten es dem Land und seinen Bürgern, sich als Einheit zu präsentieren, Verantwortungsbewusstsein für das Gelingen des Vorhabens zu zeigen und sich wieder an ihre traditionellen Wurzeln zu erinnern. In vielen Teilen der Welt hatten die Menschen Gelegenheit, das geistige und kulturelle Erbe und die Geschichte der nomadischen Völker, sowie deren Lebensweise kennenzulernen.

Die für die Weltnomadenspiele aufgebrachten Finanzmittel haben sich angesichts der weltweiten Werbung für das Land längst „zurückgezahlt“. So mancher Tourist aus aller Welt wird jetzt über eine Reise nach Kirgisistan nachdenken.

Wenn Sie jetzt Lust auf die kirgisischen Weltnomadenspiele und die dabei durchgeführten ungewöhnlichen Sportarten bekommen haben, können Sie einen Blick auf deren Website werfen: http://worldnomadgames.com/en/.

Vielleicht dürfen wir Sie ja vielleicht bei den 3. Weltnomadenspielen in zwei Jahren begrüßen!