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Kirgisistan/Bischkek
Bravo Kirgisistan!

Nationale und internationale Wahlbeobachtung sind ein wichtiges Instrument, um Wahlen transparenter zu machen, um die Zahl von möglichen Fälschungen bzw. Gesetzesverletzungen zu verringern, sowie das Vertrauen der Bürger in Parlament und Regierung zu stärken.

Für ausländische Organisationen in Kirgisistan ist die Wahlbeobachtung wichtig, damit sie in ihre Herkunftsländer möglichst lückenlos Informationen über den Wahlprozess vermitteln können. Auch kann hierbei ausführlich beobachtet werden, wie aktiv sich Bürger an Wahlen beteiligen und wie sich die politische Kultur in einem Land entwickelt.

Und um es gleich zu Beginn zu sagen: Liebe Kirgisen, bei den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag habt ihr eine große Leistung erbracht und man kann Euch nur gratulieren! In einem regionalen Umfeld, wo viele auf das kirgisische Demokratiemodel mit Zweifeln sehen, habt ihr freie und transparente Wahlen organisiert, dessen Ergebnisse nach meinem ersten Eindruck von allen beteiligten Parteien akzeptiert werden.

Glückwunsch an die Regierung: Wie viele hatte auch ich kleine Zweifel, ob die neue biometrische Erfassung der Wähler und das automatische Einlesen der Wahlzettel funktionieren würde. Aber es funktionierte – von der ersten bis zur letzten Stunde der Wahl.Glückwunsch an die Vertreter aller Ebenen der Wahlkommission: Vor allem in den lokalen Wahlkommissionen arbeiteten alle mit großer Hingabe bis zur Erschöpfung – teilweise mehr als 15 Stunden ohne Unterbrechung. Alle waren qualifiziert, gaben bei Fragen freundlich Auskunft, und versuchten, wirklich allen zu helfen.

Glückwunsch auch an die politischen Parteien und die Wähler: Einen Tag lang habe ich in der Hauptstadt Bischkek und im Regierungsbezirk Tschui zahlreiche Wahllokale besucht. Es gab keinerlei Streit, sogar kaum Diskussionen. Alle waren diszipliniert und wahrten die Gesetze, die für Wahlen vorgesehen sind. Es war dies eine sehr zivilisierte Wahl. Niemand versuchte den anderen zu beeinflussen, dass er einer bestimmten Partei seine Stimme gab.

Der bisher an den kirgisischen Parlamentswahlen geäußerten Kritik schließe ich mich großenteils nicht an:

Mit der biometrischen Erfassung seien die Freiheitsrechte der kirgisischen Bürger bedroht gewesen. Ich bitte, sich zu erinnern: Jeder Bürger, der in Europa einen neuen Pass beantragt, muss sich biometrisch erfassen lassen.

Die Geheimhaltung der Stimmzettel sei nicht gewahrt worden. Ich bitte, sich zu erinnern: Der kirgisische Wähler legte zwischen der Wahlkabine und der Wahlurne im Durchschnitt  zwei bis drei Meter zurück. Und niemand konnte erkennen, für welche Partei er sein Kreuz gesetzt hatte.

In einem Drittel der Wahllokale soll es bei der Auszählung der Stimmen Fehler gegeben haben. Ich konnte der Auszählung der Stimmen bei den Präsidentschaftswahlen 2011 und den Parlamentswahlen 2015 beiwohnen. Dabei wurde jeder Wahlzettel mit größter Sorgfalt unter Beisein von Duzenden nationaler und internationaler Beobachter ausgewertet und registriert. Diese Aussage ist fast schon eine Beleidigung für die Tausenden, die am Wahltag unermüdlich als offizielle Mitarbeiter in den Wahllokalen tätig waren.

Viele Kirgisen konnten nicht wählen, weil sie sich nicht in den Wählerlisten gefunden haben. Diese Aussage kann richtig sein. Aber hier zeige ich jetzt kein Verständnis für die Betroffenen. Wenn der kirgisische Bürger in einer Region geboren ist, vor 12 Jahren nach Bischkek umzog, aber seine offizielle Registrierung ist immer noch in dieser Region, dann ist er eben auch selber schuld, wenn er eventuell nicht wählen kann.

So, liebe Kirgisen: Ich feiere Euch noch einmal. Diese Wahlen waren für Euch ein großer Erfolg – ein Mayram! Ihr habt allen bewiesen, dass ihr die „demokratische Insel“ in Zentralasien seid. 

Und vergesst nicht: Die Entwicklung von Demokratie und demokratischen Wahlen in Kirgisistan ist für Euch, Eure Kinder und Eure Enkelkinder wichtig, nicht in erster Linie für uns Europäer! Daraus wird sich für Euch alle Frieden und Wohlstand ergeben.

Und vergesst nicht: Die Entwicklung von Demokratie und demokratischen Wahlen in Kirgisistan ist für Euch, Eure Kinder und Eure Enkelkinder wichtig, nicht in erster Linie für uns Europäer! Daraus wird sich für Euch alle Frieden und Wohlstand ergeben. 

Max Georg Meier

Hanns-Seidel-Stiftung

Projektleiter Zentralasien

Internationaler Wahlbeobachter bei den kirgisischen Präsidentschaftswahlen 2011 und den kirgisischen Parlamentswahlen 2015