Print logo

Kirgisistan/Bischkek
Runder Tisch "Verwaltungs- und Gebietsreform in der Kirgisischen Republik"

Am 23. Mai 2019 fand ein von der Hanns-Seidel-Stiftung organisierter runder Tisch zum Thema „Verwaltungs- und Gebietsreform in der Kirgisischen Republik“ statt.

Teilnehmer des Runden Tisches

Die Veranstaltung fand in Form eines Business-Fastenessens (Iftars statt). Vom 21. bis 24. Januar 2019 in Brüssel, vom 10. bis 17. März 2019 in München und Berlin waren schon Informationsreisen zum Thema der administrativ-territorialen Reform organisiert worden, um öffentlich und kommunal Bedienstete aus Kirgisistan damit bekannt zu machen.  Das Ziel der Fachexkursionen war der Wissensaustausch in diesem Bereich zur Weiterentwicklung der lokalen Selbstverwaltung und zur Umsetzung der administrativ-territorialen Reform in der Kirgisischen Republik. Das Business-Iftar diente als Plattform für den Meinungsaustausch und die Zusammenfassung der Arbeitsergebnisse auf dem Gebiet der Verwaltungs- und Territorialreform in der Kirgisischen Republik. Zu der  Veranstaltung waren die Teilnehmer der beiden oben genannten Delegationen, Abgeordnete des kirgisischen Nationalen Parlaments,  Vertreter des kirgisischen Finanzministeriums, des kirgisischen Wirtschaftsministeriums, Vertreter  des Nationalen Instituts für Strategische Studien, der Bürgermeister der Gemeindeverwaltung von  Alamudun, die  Vertreter des Steuerdienstes der Kirgisischen Republik, sowie ausgewählte Stipendiaten der  Masterprogramme der Hanns-Seidel-Stiftung und der Akademie für öffentliche Verwaltung unter dem Präsidenten der Kirgisischen Republik  eingeladen. Wie die Organisatoren der Veranstaltung feststellten, bot das Fastenessen Gelegenheit für die Masterstudenten, ihr persönliches Wissen über die administrativ-territoriale Reform zu erweitern, um diese Reformen letztendlich vor Ort umzusetzen. In seiner Begrüßungsrede gratulierte der Leiter der Hanns-Seidel-Stiftung, Dr. Max Georg Meier, dem kirgisischen Volk, den Abgeordneten und Teilnehmern der Veranstaltung zum heiligen Monat Ramadan, dankte für ihre Teilnahme am Runden Tisch und wünschte dem Land und seinen Bewohnern Frieden und Wohlstand. Dr. Meier wies darauf hin, dass das Ziel der Veranstaltung darin bestand, mit den HSS-Stipendiaten, mit den Vertretern der kirgisischen Akademie für  öffentliche Verwaltung und den kirgisischen Vertretern der Legislativ- und Exekutivbehörden die administrativ-territoriale Reform und das, was bisher hierzu am Beispiel der erworbenen Erfahrungen während der  Reisen nach Brüssel, München und Berlin erreicht worden war, zu erörtern. "Ich bin sicher, dass die Diskussion dieses Themas während der heutigen Veranstaltung es ermöglicht, zu einem bestimmten Ergebnis zu kommen und in Zukunft zur  Entwicklung des Landes beizutragen", sagte Dr. Meier, wobei er  erneut  den Anwesenden für ihre Teilnahme am Runden Tisch dankte. Anschließend ergriff der stellvertretende Parlamentssprecher Mirlan Bakirow das Wort. Dieser gratulierte den Anwesenden zum heiligen Monat Ramadan und bedankte sich bei den Organisatoren für die Einladung zu der Veranstaltung. Er unterstrich, dass die Frage der administrativ-territorialen Reform und ihre Umsetzung nicht das erste Jahr erörtert wird. "Der verehrte kirgisische Präsident Sooronbai Scharipowitsch Jeenbekov hat im vergangenen Jahr dazu einen Erlass unterzeichnet, eine offizielle Arbeitsgruppe wurde geschaffen, und die Frage der Umsetzung der administrativ-territorialen Reform schreitet voran", sagte Bakirow. Ihm zufolge wurden während der Informationsreise nach Brüssel/Belgien fachliche Treffen mit zuständigen Experten  abgehalten und deren Meinung gehört. "Es wurde auch Aufmerksamkeit darauf gerichtet, was für die erfolgreiche Durchführung dieser Reform erforderlich ist und auch was für eine korrekte Umsetzung der Reform berücksichtigt werden muss. Das Ziel besteht nicht darin, alle Gemeindeverwaltungen  automatisch zusammenzuführen, sondern eine Reform durchzuführen, die alle wirtschaftlichen und sozialen Fragen, sowie die Probleme und Erwartungen der Bevölkerung dieser  Gemeindeverwaltungen  berücksichtigt. Ein solches Ziel liegt heute vor uns. Während der Exkursion nach Belgien und der Kommunikation mit den dortigen Experten erfuhren wir von den dort durchgeführten Reformen. Und ich möchte darauf hinweisen, dass dies für uns äußerst nützlich und informativ war“, sagte der Vizesprecher des kirgisischen Parlaments. Mirlan Bakirow erinnerte auch daran, dass 83% der Gemeindeverwaltungen in Kirgisistan heutzutage subventioniert werden. Er betonte weiter, dass in Kirgisistan eine administrativ-territoriale Reform erforderlich sei.

Teilnehmer des Runden Tisches

Der Parlamentsabgeordnete Keneshbek Bokojew sagte in seiner Rede wie folgt: „Als Abgeordneter möchte ich sagen, dass die kirgisische Regierung trotz des Erlasses des Präsidenten nicht genug politischen Willen zeigt, um die administrativ-territoriale Reform umzusetzen. Ich glaube, dass es möglich ist, diese administrativ-territoriale Reform innerhalb eines Jahres durchzuführen. Wir gehören doch nicht zu den großflächigen Ländern der Welt“. Der Parlamentarier sprach auch darüber, was in der Kirgisischen Republik in Bezug auf die Reformierung  der lokalen Selbstverwaltung bisher getan worden ist. „Es hat mir in Deutschland sehr gut gefallen, was ich in anderen Ländern nicht gesehen habe, dass der Bürgermeister direkt vom Volk gewählt wird und er auch das Oberhaupt der Gemeindeverwaltung ist. Ich selbst habe einen solchen Gesetzentwurf im kirgisischen Parlament eingebracht und er wurde dort bereits diskutiert. Aber seit zwei Jahren wurde dieser Gesetzentwurf in der zweiten Lesung im Parlament nicht mehr zur Diskussion gestellt. Gemäß meinem Gesetzesentwurf wählen die Bürger selbst ihren Bürgermeister, der auch das Oberhaupt der Gemeindeverwaltung ist. Aber der größte Unterschied für mich in Deutschland war, zu sehen, dass sie auch den Leiter des Landkreises (Akim) wählen. Das war unerwartet für mich“, sagt Bokojew. Ein weiteres unerwartetes Thema für den Abgeordneten Bokojew war, dass es eine klare Abtrennung der Aufgaben der einzelnen Verwaltungsträger gibt. „Wir müssen zu einem solchen Grundsatz in der kirgisischen Verfassung kommen. Bei ihnen ist das alles klar abgegrenzt. Eine weitere Besonderheit ist, dass der Landrat, den das Volk wählt, automatisch auch Leiter des Kreistages  wird. Der Leiter der Gemeindeverwaltung, der Bürgermeister,  wird neben der Tatsache, dass er vom Volk gewählt ist, auch automatisch Vorsitzender des Gemeinderates. Dies wäre eine ideale Entwicklung auch für Kirgisistan. Und deshalb  glaube ich, dass im Falle der Wahl des Bürgermeisters und des Landrats durch das  Volk  sowohl deren Mandat gestärkt würde, als auch deren Verantwortungsbewusstsein wachsen würde“, sagte der Abgeordnete. Kubanytschbek Schadybekow, der das Nationale Institut für strategische Studien vertrat, teilte auch seine Vision der administrativ-territorialen Reform in Kirgisistan mit den Anwesenden und referierte, was  ihm in dieser  Frage am Beispiel Deutschlands am besten gefallen habe. "Wie Sie selbst wissen, wurde für uns die Verwaltungs- und Gebietsreform  von Professoren aus Deutschland dargestellt. Sie alle äußerten ihre Meinung dahingehend, dass dies keine einfache Reform ist", sagte er. Schadybekow stellte fest, dass in Deutschland bei der Umsetzung dieser Reform zwei Grundsätze angewendet worden sind. Der erste ist der Grundsatz des freiwilligen Zusammenschlusses von Gemeinden. Der zweite ist die Einführung eines Motivationsanreizes für den Zusammenschluss durch die deutschen Behörden (steuerlich, zusätzliche Investitionsmittel für Infrastruktur in den betreffenden Gemeinden, …). "Uns aber gelingt  es nicht, diese Reform in Bezug auf die Motivationskomponente der Reform voranzutreiben", sagte er.

Während der Veranstaltung konnten sich die Teilnehmer mit den Abgeordneten des nationalen Parlaments austauschen und Antworten auf die sie interessierenden Fragen, die die  administrativ-territoriale Reform betrafen, erhalten.